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Die Arbeiterkommunistische Partei und ihre
Ansichten zur politischen Lage im Iran

EIN INTERVIEW MIT MANSOOR HEKMAT
Generalsekretär der Arbeiterkommunistischen Partei Irans


LONDON - Iranischer Pressedienst

Wahrscheinlich ist die Arbeiterkommunistische Partei von allen iranischen politischen Organisationen die modernste, am meisten zukunftsorientierte, westlichste und progressivste.

Obgleich sie ihre Ideale ausdrückt, in die Zukunft zu schauen, hat sie besonders in diesem Zeitalter der Globalisierung und des skrupellosen Kapitalismus den Verdienst ein nicht konform, offenen Sinnes, nicht ängstlich zu sein, alte traditionelle Tabus zu brechen, die vom Islam aufgedrängt wurden wie Sex oder freie Äußerung oder Ideen, die nicht mit dem Islam konform gehen, in Gesellschaften, die wegen des Islam nicht darüber sprechen dürfen.

Die Partei lehnt den Begriff des Nationalismus oder Föderalismus als eine Lösung für einige Gruppen wie den Kurden, die Unabhängigkeit suchen, statt dessen ein Referendum vorschlagend. "Wenn sie sich für die Teilung entscheiden, laß sie gehen, aber wenn sie es bei dem belassen wollen, dann sind wir alle im selben Boot, gleiches Recht für alle, im Einklang mit der Kompetenz eines jeden und nichts anderes."

...Es folgt eine Zusammenfassung aus einem 3stündigen Interview, das in einem größeren englischen Pub geführt wurde, in das ich von einer hübschen aber bestimmt professionellen weiblichen "Leibwächterin" gebracht wurde in der alten Tradition aller Untergrundorganisationen.

Safa Haeri
Januar 1999



Safa Haeri: Meine erste Frage an Sie betrifft die derzeitige Situation, die besondere Bestätigung durch das Informationsministerium (der islamischen Regierung), daß seine Agent verantwortlich sind für die kürzlich erfolgten Morde an iranischen politischen und intellektuellen Dissidenten, und die Stellungnahme des GLIR (Geistiger Führer der Islamischen Republik) in der er fortfährt, den Ausländer die Schuld dafür zu geben, über dieses Szenario berichtet zu haben.

Mansoor Hekmat: Das ist nicht überraschend. Das ist es, was er wirklich sagt. Er sagt auch, dies sei nicht das Ende des Geschehens, was meint, daß er mit den Drohungen fortfährt. Es scheint, daß das Nehmen und Geben, ihr Feilschen um die offiziellen Version über die Mörder nicht endet. Ich denke, der Grund, aus dem sich das Informationsministerium sich für dieses Eingeständnis entschieden hat, ist, daß die Leute nichts weniger akzeptiert hätten, was die Situation für das Regime gefährlicher macht. Auch haben wahrscheinlich einige Personen im Ministerium begriffen, daß man ein Minimum an Konzessionen machen muß und wahrscheinlich einige Agenten opfern muß. Meiner Meinung nach ist es wichtig, daß nun die Iraner mit eigenen Ohren gehört haben, daß das Informationsministerium der Islamischen Republik eine Mordmaschine ist, die in die Attentate an unschuldigen Leuten beteiligt ist. Im Umkehrschluß bedeutet dies, daß das Regime Angst vor den Leuten hat. Mit einem Wort, dies ist eine außerordentliche Entscheidung, die das Volk den islamischen Behörden aufgedrängt haben und zeigt, wie zerbrechlich das Regime ist.

Safa Haeri: Wie sehen sie und wie ist Ihre Einschätzung der Position und der Situation des Regime im Moment?

Mansoor Hekmat: Erinnern Sie sich, las der Schah sagte: "Ich höre die Stimme der Revolution?" Nun, das Regime ist in einer ganz genau gleichen Situation. Es hört auch die Stimme der Revolution. Sie (die Führer) sind schon auf den Knien. Nicht mehr einig. Eine starke Diskussion findet unter den Führern statt. Es ist etwas ganz Besonders zu hören, daß einige von ihnen Khameneh'i kritisieren, weil er die Ausländer beschuldigt hat. Der Spalt ist größer als man sich vorstellen mag, so groß, daß er Männer wie Khameneh'i gezwungen hat, seine Unterschrift unter die Erklärung des Informations-Ministeriums zu leisten. Mein Gefühl ist, daß sich jetzt, da sie unausgesprochen zugegeben hat, die Morde seien ihr eigenes Werk, die islamische Republik an einem gefährlichen Hang befindet.

Safa Haeri: Denken Sie, die Situation ist reif, über die Lebenserwartung des Regimes zu reden oder zu spekulieren?

Mansoor Hekmat: Diese Frage ist schwer zu beantworten. Wie auch immer, ich denke, daß in einem Jahr die Islamische Republik nicht länger die Opposition zu Hause ignorieren kann und sie nicht mehr unterdrücken kann, wie sie es jetzt tut. Das Regime sitzt noch am längeren Hebel, aber was wir sehen, ist, daß sie die Moral der Sicherheitsagenten fördern und ihr Auftrieb geben müssen, damit diese ihre Arbeit fortsetzen. Lassen Sie uns auf ein bis anderthalb Jahre wetten. Wer weiß, vielleicht verschwindet die Islamische Republik sogar früher.

Safa Haeri: Warum begann diese letzte Welle des Terrors und wer steht dahinter, Ihrer Meinung nach?

Mansoor Hekmat: Ich denke, die Initiative kommt von der Shalamcheh Gruppe (die Schläger der Konservativen kontrollierenden Ansar Hezbollah) und anderen Gruppen um Khatameneh'i mit ihrem Einfluß über den Führer selbst hinaus. Ich denke, Khameneh'i kannte die Mörder und hat es abgesegnet, aber es könnte ihm genauso gut auferlegt worden sein. Es gab eine Zeit, da hätten sie ungestraft Leute in den Gefängnissen umgebracht und stolz die Namen der Opfer bekannt gegeben. Nun haben sie den Punkt erreicht, an dem sie sich verpflichtet fühlen, einige ihrer Männer für die Morde an Dissidenten zu bestrafen. Die Hardliner um Khameneh'i müssen sehr ärgerlich auf ihn sein, weil er mit dem Arrest für die rohen Agenten einverstanden ist.

Safa Haeri: Themawechsel. Ihre Organisation nennt sich Arbeiterkommunistischen Partei - Iran. In diesen Tagen, in denen der Kommunismus dem Altertum angehört und die Erkennungszeichen der Kommunistischen Partei zu Museumstücken oder Sammlerobjekten geworden sind, warum ein solch seltsamer Name und was ist Ihr Auftrag?

Mansoor Hekmat: All das ist in unseren Schriften erklärt. Von den Arbeiterkommunisten, wir wollen eine neue Version des Kommunismus zeigen, anders als die, die jeder kennengelernt hat. Wie der Sozialismus und seine verschiedenen Versionen und Tendenzen hat der Kommunismus auch seine Wahrheit, historischen Belang und Bedeutung verloren. Zwischen all den verschiedenen Kommunisten, den russischen, den chinesischen, den vietnamesischen, den albanischen, den kubanischen oder rumänischen brauchten wir unseren eigenen Standpunkt, näher an den echten marxistischen Idealen, die von Grund auf gegen Religion und Nationalismus sind, während die russische oder die chinesische Art des Kommunismus nationalistisch waren und sind und den Religionen Platz einräumen. Mit anderen Worten, was heute als Mißerfolg des Kommunismus präsentiert wird, ist ihr Mißerfolg, nicht der von Marx und Engels. Mehr als je zuvor brauchen die Gemeinschaften eine Gleichheitsbewegung. Aus unserer Sicht ist der Kommunismus lebendiger, besonders nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, aber er muß im richtigen Licht präsentiert werden, als echte Kraft gegen die wilden Regeln des internationalen Marktes, den wilden Regeln des Kapitalismus. Daher unser Name.

Safa Haeri: Intellektuell gesagt, der Name des Kommunismus oder Gleichheitssystem oder ähnliches beschwört bei den Menschen das Gespenst von etwas herauf wie (George Orwells) 1984 oder einer Rückkehr zu dem Kommunismus der Sowjet Ära, in dem Freiheit vollständig ignoriert wurde. Nun, mit all diesen Erwägungen im Kopf, welche Form wird Ihre Regierung annehmen, angenommen, sie kommen im Iran an die Macht? Wird sie die Grundrechte der Menschen auf Demokratie anerkennen? Wird es eine Freiheit für die Monarchisten, die Nationalisten oder die Khomeneinisten geben?

Mansoor Hekmat: Das ist eine verbindliche Frage und die Debatte über die Angst der Menschen vor dem bisherigen Kommunismus und dem Marxismus ist verständig. Zuerst muß ich feststellen, daß die Angst, über die Sie gesprochen haben, von den Feinden des Kommunismus geschaffen wurde, die alles kontrollieren, von der Politik bis zu den Universitäten, von den Kirchen bis zum Bildungssystem. Sie haben eine schreckliche Vogelscheuche des Marxismus geschaffen. Gegen dieses böse Gespenst zu kämpfen ist kein leichtes Unterfangen. Es braucht Zeit, Energie, die Medien und riesige finanzielle Möglichkeiten, wenn man ein echtes Bild vom Kommunismus und Marxismus zeigen will. Wie auch immer, wir sind stolz, sagen zu können, daß wir die erste (politische) Strömung sind, die die Debatte eröffneten über bedingungslose Freiheit für jeden ohne irgendwelche Unterschiede. Wir sind die ersten, die über die Freiheit in ihrer westlichen Bedeutung sprechen. Wir lehnen es ab, nicht das Wort zu ergreifen über Erwägungen wie solchen der nationalen Interessen , sogenannten heiligen Religionen oder nationalem glauben. Ich bin sicher, daß einige der Nationalisten oder Monarchisten an die Macht kommen, sie werden uns wahrscheinlich bannen, wenn wir die Macht ergreifen, dann werden sie in Opposition zu uns stehen. Wir sind engagiert für den Frieden für alle Individuen, sogar für Atheisten und Abtrünnige. Wenn Sie den andern glauben, müssen sie uns auch glauben. Aber ich betrachte unsere Position als stärker, weil wir nicht solche Erwägungen berücksichtigen müssen wie religiöse oder monarchische heilige Rechte und so weiter. Wir sind wahrscheinlich die einzige Gruppe, die für echte Gleichheit der Rechte zwischen Männern und Frauen, die Abschaffung der Todesstrafe, medizinische Behandlung von Drogensüchtigen, die Rechte von Kindern, von Prostituierten usw. kämpft. Wie auch immer, die Tatsache ist, daß bislang keine andere politische Strömung wie unsere jemals an der politischen Macht war, ausgenommen eine sehr kurze Periode der ersten Tage der Bolschewiken. Aber während wir noch nicht erfahren sind, die Religion ist es, wie man im Iran, Afghanistan, Pakistan oder Algerien sieht. Und der Nationalismus ist es, wie man in Jugoslawien sieht.

Safa Haeri: Herr Hekmat, Sie sagen nette Dinge, malen ein schönes Bild von Ihrer versprochenen Regierung, es klingt perfekt für mich. Aber ist der Friede, über den Sie sprechen, für Ihre eigene Organisation geltend?

Mansoor Hekmat: Ich verstehe Ihr Frage nicht. Alles was ich hier sage ist unser Auftrag...

Safa Haeri: Vergessen Sie den Auftrag. Meine Frage ist einfach. Wenn Sie unter Ihresgleichen sind, kann er oder sie seine oder ihre Standpunkte zum Ausdruck bringen, auch wenn diese nicht mit Ihrer Meinung als Generalsekretär überein stimmen, ohne sofort herausgeworfen zu werden und tausender Sünder angeklagt zu werden, ohne daß ihm oder ihr die Zunge herausgeschnitten wird, wie es die Kommandierenden der iranischen Revolutionswachen den Opponenten des Regimes versprochen haben?

Mansoor Hekmat: Wenn Sie die Gleichheit und die Freiheit, deren wir uns in unserer Partei erfreuen mit den meisten politischen Organisationen des Westens vergleiche, wie beispielsweise der britischen Labour Partei, sind wir sehr viel progressiver. Ich wünschte, Sie könnten an unseren Kongressen teilnehmen. Ich wünschte, wir könnten sie offen organisieren. Wenn wir einige unserer Treffen im Geheimen abhalten, dann ist es, weil die Barbarei des islamischen Regimes uns vorsichtig gemacht hat. Zu Ihrer Information, über all unsere Entscheidungen wird abgestimmt und diese werden von der Mehrheit angenommen. All unsere Instanzen, Komitees, Büros, das Generalsekretariat sind ausgesucht durch Wahlen. Im Gegensatz zu den meisten wenn nicht allen anderen oppositionellen Organisationen sind wir die einzige, die das verantwortliche Mitglied anerkennt. Herausgeber und Personal all unserer Publikationen sind klar genannt. Jeder Artikel trägt die Unterschrift des Autors. Manche unserer Publikationen bringen Interviews mit unseren unversöhnlichsten Feinden.

Safa Haeri: Die letzte Kampagne, die Sie organisierten für die streikenden iranischen Ölarbeiter war so groß, daß man dachte, Sie seien eine große Partei mit Abteilungen und Organisationen in aller Welt. So waren Sie in der Lage, Petitionen von allen wichtigen internationalen und nationalen Gewerkschaften vorzulegen. Sind sie wirklich so groß? Haben sie wirklich ihre Organisationen in all diesen Ländern, die so weit entfernt sind, wie Australien und Japan?

Mansoor Hekmat: Momentan haben wir Abteilungen und Organisationen in allen westlichen europäischen Ländern, außer in Italien, Portugal und Spanien. Wir sind vertreten in den USA und Kanada sowie in Japan und Australien. In der Türkei und in (Irakisch) Kurdistan und in Pakistan. Im Gegensatz zu mehreren linken Gruppen sind wir nicht der Meinung, daß Radikalismus kontraproduktiv ist. Um zu expandieren, sind sie weicher und moderater geworden. Wir denken, je mehr wir uns selbst treu sind, gemeint ist radikal links und maximalistisch zu sein, ist ein Kapital...

Safa Haeri: Entschuldigung, was meinen Sie mit maximalistisch?

Mansoor Hekmat: Das heißt, daß wir das bekommen wollen, wovon wir glauben, das es unsere ist. Zum Beispiel, wenn im Iran 15% der Bevölkerung unrelgiös, wirklich intellektuell, gegen Aberglauben, internationalistisch etc. ist, sollte dieser Teil der Bevölkerung von unseren Idealen angezogen werden. Eine große der Mehrheit der Frauen, die die Hälfte der iranischen Bevölkerung ausmachen, sollte unserem Kurs folgen, weil wir für die gleichen Rechte für Männer und Frauen kämpfen. In unserer sozialistischen Gesellschaft werden Transport, Bildung, Ernährung und andere wohltätigen und grundlegende Dienste frei für alle sein.

Safa Haeri: Schweden war so, aber das System brach zusammen. Vielleicht kann Ihre ideale Regierung im Kibbutz gefunden werden.

Mansoor Hekmat: Vielleicht.

Safa Haeri: International gesprochen und ausgehend von Ihrer eigenen Region des Mittleren Ostens. Wie soll Ihrer Meinung nach die Beziehung des Iran mit den Ländern der Region einschließlich Israel aussehen?

Mansoor Hekmat: Ich werde meine eigene Meinung erklären, die vielleicht nicht die der Partei ist. Bezüglich der arabischen Länder, die meisten von ihnen sind korrupt, diktatorisch, usurpatorisch, undemokratisch, reaktionär. Mit Israel ist unser Hauptproblem, daß die Nation auf Religion basiert und das ist konträr zu unserer Politik der Gleichheit aller Leute in der Welt, ohne Berücksichtigung aller Religionen, des Geschlechts, Ethnie, Rasse etc., was in Israel heute nicht der Fall ist. Andererseits stellen wir auch fest, daß Israel eine Nation ist, die hier geboren wurde, politische Gespräche sind moderner, demokratischer, westlicher. Wenn es spezielle Gefängnisse hat, ist es dort auch möglich zu protestieren und anzuprangern, etwas wovon ich denke, es ist in König Husseins oder König Fahds Gefängnissen nicht möglich. Wir fechten auch die Politik Israels betreffend die Araber an, den ursprünglichen Einwohner dieses Landes, die all ihrer Rechte an ihren Besitztümern beschnitten werden und in dem Land leben, in dem sie geboren wurden. Das ist unserer Meinung nach undemokratisch, unmenschlich und unzivilisiert. Aber das ist eine andere Debatte, die wohl nicht der Gegenstand Ihrer Frage war.

Safa Haeri: Sie haben recht. Meine Frage ist: Wird der Iran echte diplomatische Beziehungen mit Israel haben oder nicht?

Mansoor Hekmat: Wenn wir an der Macht wären, würden wir den Staat Israel anerkennen, wir würden auch den Friedensprozeß unterstützen, wir würden Aktivitäten von Organisationen ablehnen wie dem islamischen DJIHAD oder der HAMAS, nicht wegen Israel sondern wegen unserer eigenen Prinzipien, aber wir würden aufrichtig und vollständig die Rechte der Palästinenser verteidigen ihre legitimierten Rechte zurückzuerhalten.

Gleichzeitig müssen wir nicht katholischer werden als der Papst. Wenn die Palästinenser beschlossen haben, mit Israel zu verhandeln, wer sind wir, ihnen zu sagen, daß sie nicht sprechen dürfen. Aus meiner Sicht wird diese Region nie zivilisiert und friedvoll werden, bis die Israelis und die Palästinenser den Konflikt nicht gelöst haben. Nur ein wahrer Friede kann den Menschen dieser Region helfen, sich von Israel und den reaktionären korrupten Regimen wie Saudi Arabien zu befreien. Natürlich kann man die Rolle der Vereinigten Staaten nicht unterbewerten in der Behauptung über Regime wie Saudi Arabien oder Afghanistan.



Translated by Tom Selec
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